Wenn der Wind kühler wird und die letzten goldenen Blätter fallen, beginnt in China der Winteranfang – 立冬 (Lìdōng). Er markiert den Übergang von der Fülle des Herbstes zur Ruhe des Winters – eine Zeit, in der sich Familien um den Tisch versammeln, um Wärme, Geschmack und Geborgenheit zu teilen.Datum des Winterbeginns (立冬 Lìdōng) 2025: Freitag, 7. November 2025
Der Beginn des Winters unterscheidet sich von der Wintersonnenwende oder den kältesten Tagen des Januars. Es ist eine ruhige, fast poetische Zeit: wie ein weiser alter Freund, der leise daran erinnert, den geschäftigen Herbst loszulassen und die behagliche Wärme des Alltags willkommen zu heißen.
Wie die Alten sagten: „Am Beginn des Winters soll man den Körper nähren und den Appetit stillen.“
Diese Weisheit spiegelt sich bis heute auf den chinesischen Esstischen wider – in dampfenden Teigtaschen, aromatischen Suppen und süssen Röstaromen.
In Nordchina gehört es zur Tradition, zum Winterbeginn Jiaozi (饺子) zu essen. Der Teig wird geknetet, dünn ausgerollt und mit Füllungen aus Schweinefleisch und Chinakohl oder Schnittlauch und Ei versehen. Wenn die Teigtaschen im Wasser tanzen und der Dampf aufsteigt, füllt sich die Küche mit vertrautem Duft. Der Volksglaube sagt: „Wer am Winterbeginn Dumplings isst, dem frieren die Ohren nicht.“ Doch die eigentliche Bedeutung liegt tiefer – sie symbolisieren den Übergang der Jahreszeiten, das Einhüllen der Kälte in zarte Teighüllen und die Freude des Teilens.
Im Süden Chinas wärmt eine Schale Lammfleischsuppe Körper und Geist. Frisches Fleisch wird mit Rettich und Ingwer langsam geschmort, bis die Brühe milchig-weiss wird. Ein Hauch Frühlingszwiebel darüber – und schon steigt der Duft von Geborgenheit auf. Ein Schluck davon vertreibt jede Kälte, wärmt von der Kehle bis zu den Zehen und hält symbolisch die Winterkälte vor der Tür.
Zur selben Zeit füllen sich die Strassen mit dem Duft von frisch gerösteten Maronen. In gusseisernen Pfannen rollen sie im schwarzen Sand, während ihr süsser, nussiger Geruch die Passanten anzieht. Eine Tüte heisser Kastanien in der Hand – und selbst der Wind scheint ein wenig milder zu wehen.
Ob im Norden oder Süden, ob reich oder schlicht – das Essen zum Winterbeginn ist immer Ausdruck derselben Sehnsucht: mit einer heissen Suppe, einer Portion Dumplings oder einer Handvoll Kastanien das Leben warm und lebendig zu gestalten. Wenn draussen der kalte Wind pfeift und drinnen die Lichter warm leuchten, dann spürt man: Die Wärme des Essens nährt nicht nur den Körper, sondern auch das Herz. Und genau das ist die Bedeutung des Winterbeginns – sanft zu leben, im Einklang mit der Zeit, und die Wärme des Alltags zu bewahren.